Meine Gedanken zum Auslandsjahr

Ich bin Henrike, 19 Jahre alt und habe meine letzten 12 Jahre in der Schule verbracht. Hier in Masaka nennt man mich Lika, da die Aussprache meines Namens scheinbar unmöglich ist. Nach meinem Schulabschluss habe ich mich dazu entschieden, ein Jahr ins Ausland zu gehen. Meinen entwicklungspolitischen Dienst absolviere ich über das staatliche Förderprogramm „weltwärts“. Ich habe mich lange mit diesem auseinandergesetzt und bin mir bewusst, dass es sich bei diesem Freiwilligenprogramm keineswegs um einen „Einsatz für eine gerechtere Welt“ handelt, sondern um eine Investition in die Qualifizierung junger deutscher Menschen. Auslandsaufenthalte sind heutzutage in bildungsbürgerlichen Kreisen fast normal. „Auslandserfahrungen“ und der damit in Verbindung gebrachte Erwerb sogenannter interkultureller Kompetenzen gehören quasi zum guten Ton. Diese Reisen glänzen dazu noch karrierefördernd in unserem Lebenslauf – vor allem, wenn wir zu dem Teil der deutschen Gesellschaft gehören, der grundsätzlich Zugang zu Hochschulen und entsprechend bezahlten bzw. gesellschaftlich anerkannten Jobs hat. Doch durch derartige Förderprogramme werden die postkolonialen Strukturen und die Abhängigkeit ehemaliger Kolonien von westlichen Ländern verstärkt. Trotzdem habe ich mich dafür entschieden, solch einen Dienst zu absolvieren. Ein kultureller Austausch ist für mich sehr wichtig und ich denke, dass zwar nicht alle, aber viele Freiwillige durch ein solches Jahr bewegt werden. Es ist zwar von Organisationen abhängig, doch das kritische Hinterfragen und Thematiken wie Antirassismus sind in den Seminaren verpflichtend zu behandeln. Und ja, es ist traurig, dass manche Menschen erst einmal um die halbe Welt fliegen müssen, um die Problematiken zu erkennen, aber es ist immer noch besser, als sie nie zu begreifen. Auch ich will mich da nicht rausnehmen und bemerke, dass man die ein oder anderen problematischen Strukturen doch besser versteht, wenn man sie persönlich erlebt und sich mit den Menschen unterhält. Leider ist durch unsere deutsche Sozialisierung unser Bild der afrikanischen Länder von kolonialen, paternalistischen Stereotypen und Rassismus geprägt. Es sind Bilder von Kriegen und Krankheiten, Nachrichten von Hilfs- oder Abschottungsmaßnahmen, die diese Sicht noch immer bestimmen und sich mit unserem Verständnis von kultureller Überlegenheit mischen .Um sich bewusst zu werden, dass diese jedoch auf die kolonialen Strukturen und die bis heute leider noch einseitige Berichterstattung zurückzuführen sind, ist das vor Ort sein und persönliche erleben essentiell. So kann man dazu beitragen, das Land aus einer anderen und vielseitigeren Sichtweise darzustellen und die Bilder der Menschen positiv zu beeinflussen und Vorurteile zu minimieren.